Die athletischen und sportmotorischen Anforderungen an Lacrosse SpielerInnen und die dafür passenden Leistungstests

Lacrosse erfreut sich in den letzten Jahren einer immer größeren Beliebtheit. Das ursprüngliche Spiel des nord-amerikanischen Algonquian-Stammes, welches von den Franzosen übernommen und in Kanada weiterentwickelt wurde, ist das schnellste Spiel auf zwei Beinen und fordert eine hohe physische Konstitution seiner Spieler.

Der Sport ist bezogen auf sein Anforderungsprofil: eine Mischung aus Basketball, Fußball und Feldhockey und charakterisiert sich durch hohe Anforderungen an Kraft, Koordination, Agilität, aerober und anaerober Ausdauer, Mobilität, Power und Geschwindigkeit sowie sportartspezifische Skills. Während des Match kommt es zu langen Sprints mit schnellen abrupten Stopps und aggressiven Richtungswechseln, punktgenauen Pässen und Ausweichmanövern. Auf Basis dieser Anforderungen stellt ein leistungsfähiges kardiovaskuläres und muskuloskelettales System eine Notwendigkeit dar, um außergewöhnlich hohe Leistungen erbringen und diese über die Dauer eines Matches aufrecht erhalten zu können.

Einige der leistungsdeterminierenden Komponenten können über Leistungsdiagnostiken abgelichtet werden um so dem Kraft- und Konditionstrainer wichtige Informationen über die Athleten und das Team zu vermitteln:

  • Individuelles Stärken-Schwächen Profil
  • Vergleich des einzelnen Athleten mit dem Teamdurchschnitt
  • Vergleich der Leistungsergebnisse mit Elite-Lacrosse SpielerInnen (NCAA Division I)
  • Monitoring
  • Kontrolle ob die Verbesserung einer physischen Leistungsgröße auch mit einer verbesserten Leistung im Spiel einhergeht

Aus diesem Grund möchten wir die physischen Anforderungen an LacrossespielerInnen diskutieren und darauf aufbauend eine Übersicht für sinnvolle Testungen inklusive normativer Vergleichsdaten geben:

Energiebereitstellung

Lacrosse ist ein dynamisches sehr flüssig laufendes Spiel bei dem es zu einem ständigen Wechsel zwischen langen und kurzen Sprints, schnellen Stopps sowie Richtungswechseln kommt. Ein Spielzug kann bis zu 90 Sekunden dauern und je nach Spielposition sind die Erholungsphasen unterschiedlich lange. Die gesamte Spieldauer ist je nachdem ob wir Frauen- oder Männerregeln betrachten 2x30min oder 4x20min.Ein Blick auf die durchschnittlich zurückgelegten Strecken zeigt folgendes Bild: Frauen legen im Durchschnitt rund 4732km abhängig von der Position zurück, davon sind 650m hochintensive Sprints bei rund 25km/h sind. Männer legen durchschnittlich 1km mehr zurück als Frauen, die Sprintstrecke ist mit 430m jedoch geringer. Die Spitzengeschwindigkeiten liegen bei 28km/h. Allgemein wird ersichtlich, dass Lacrosse eine hohe Anforderung an die Ausdauerkomponente stellt.

Eine gute Ausdauerfähigkeit ist deshalb so wichtig, da sie den Abfall kognitiv wichtiger Prozesse wie Koordination, Antizipationsfähigkeit, Genauigkeit, usw. über den Spielverlauf hinauszögert.

Eine wichtige Kenngröße für die Ausdauerleistungsfähigkeit stellt die maximale Sauerstoffaufnahme dar. Diese kann beispielsweise über eine Spiroergometrie ermittelt werden. Normative Daten bei NCAA Division I Athletinnen zeigen eine VO2max von 45+/-5 ml/kgmin bei einem RER von 1,3 NCAA D I Männer liegen bei 55+/-4 (gemessen mittels 2,4km lauf).

Durch die zahlreichen Sprints, Tackles, Ausweichmanöver und Richtungswechsel muss eine beachtliche Energiemenge anaerob bereitgestellt werden. Schätzungen lassen vermuten, dass in etwa 70% der Energie über anaerobe Stoffwechselprozesse bereitgestellt werden und die restlichen 30% aus aeroben. Aufgrund der hohen anaeroben Anforderung kann der Wingate-Test wichtige Einblicke in die anaerobe Power geben. Werte dafür existieren aus dem Lacrosseteam NCAA Division III der Damen: Hier liegt die Peak Power bei 599, Mean Power bei 449 und die Ermüdungsrate bei 11,4.

Aber auch andere anaerobe Feldtests wie der Yo-Yo-Test oder 300-Yard Shuttle Run, können Sinn machen. Diese kommen mit dem Vorteil, viele Athleten gleichzeitig testen zu können und sind durch die Stop and Go Bewegungen möglicherweise spielspezifischer.

Über eine Diagnostik kann daher einerseits ein Ist-Zustand erhoben, etwaige Schwächen im an- oder aeroben Bereich identifiziert, und darauf aufbauend ein Trainingsplan erstellt werden.

Kraft

Die Fähigkeit, hoch zu springen, schnell zu beschleunigen, abrupt abzubremsen oder schnellstmöglich die Richtung ändern zu können, erfordert eine wichtige Grundkomponente: Kraft. Um Einsicht in jemandes maximale Kraftproduktionsfähigkeit zu bekommen, ohne dabei hohe Ermüdung zu erzeugen, bietet sich eine Maximalkrafttestung über den Isometric Mid Thigh Pull an.

Normative Daten für die Maximalkraft des Unterkörpers gibt es aber lediglich in der Übung: Kniebeuge. Diese liegt bei Spielerinnen der NCAA DI bei 75 +/-10kg bei Männern, bei rund 130kg. Dennoch ist der IMTP Aussagekräftig da seine Leistung auch mit dem 1RM der Kniebeuge korreliert.

Aufgrund von Blöcken, Tackles und Torschüssen bedarf es im Lacrosse auch ein gewisses Kraftniveau im Oberkörper respektive Schultergürtelbereich. Das 1RM im Bankdrücken ist hierfür ein valider und reliabler Indikator. Bei Spielerinnen liegt der Wert bei 46+/-6kg Männer erreichen Werte von 115kg.

Im Kontext der Kraft ist es wichtig zu verstehen, dass ein gewisses Kraftlevel als Fundament zwar durchaus wichtig ist, die AthletInnen aber gleichzeitig viel Kraft in möglichst kurzer Zeit produzieren sollten. Um daher einen Einblick in die Explosivität der Athleten zu bekommen, bietet sich ein Countermovement Jump an. Eine wichtige Metrik ist hierbei die Sprunghöhe. Diese liegt bei NCAA D I Athletinnen bei 44+/-6cm. Männer erreichen Sprunghöhen von über70cm. Beide Werte gelten für den CMJ mit Armschwung (= Abalakov Jump).

Zu Bedenken ist, dass über den Sprung lediglich die vertikale Kraftkomponente abgelichtet wird. Sprünge kommen im Lacrosse zwar vor, sind aber eher seltener Natur. Es macht also zusätzlich Sinn, sich Informationen über die horizontale Kraftkomponente einzuholen. Dafür bieten sich Sprints in unterschiedlicher Länge an. Lichtschranken nach 10,20 und 40 Metern geben Auskunft über Beschleunigungsfähigkeit und die Top Speed der Athleten. Als Referenz soll der 40 Yard Dash (36,6m) von NCAA D I Athletinnen dienen. Dieser liegt bei 5,97+/-0,26s. Männer sind deutlich schneller und absolvieren die 40 Yards in unter 5sek.

Im Zusammenhang mit Laufen bzw. Sprinten gilt es, ein wichtiges biomechanisches Merkmal anzusprechen, welchem LacrossespielerInnen „ausgesetzt“ sind. Spieler und Spielerinnen halten einen Lacrosseschläger in der Hand und müssen diesen bei sich halten und sofern sie im Ballbesitz sind, zusätzlich in einer bestimmten Art und Weise hin und her bewegen (Cradeln), damit der Ball nicht aus dem Netz fällt. Allesamt führt das dazu, dass einerseits ein stärkerer Rotationsimpuls beim Laufen und Sprinten erzeugt wird und andererseits, dass dieser Impuls nicht so gut über einen gegengleichen Armschwung ausgeglichen werden kann. Um weiterhin „auf Kurs“ zu bleiben und hohe Sprintgeschwindigkeiten zu erreichen ist eine starke Rumpfmuskulatur gefragt, um die Rotationskräfte aufzunehmen und abzuleiten.

Du hast weitere Fragen oder interessierst dich für eine Leistungsdiagnostik um dein Training zu optimieren? Dann melde dich bei uns. Wir helfen dir gerne weiter.

Agilität und Richtungswechsel

Die Komponente der Agilität, also seine Geschwindigkeit und Handlungen auf einen spielspezifischen Stimulus anzupassen, kann nur schwer mittels Tests überprüft werden. Sie sollte besser aus dem Kontext eines Spiels heraus betrachtet und analysiert werden. Aus diesem Grund liegt der Fokus der beiden Tests welche in weiterer Folge vorgestellt werden, mehr bei der Fähigkeit, schnell seine Richtung zu ändern.

Der Illinois Test und Pro-Agility Test werden beide im Zuge von Lacrosse-Testbatterien häufig eingesetzt. Die NCAA D I Athletinnen absolvieren den Pro Agility Test in 5+/-0,23sek. NCAA D i Athleten kommen auf Zeiten von 4,3sek.

Übersicht normativer Testergebnisse

Frauen NCAA Division 1:

Körperfett (%): 22,3+/-5
VO2max (ml/kgmin): 45,7+/-4,9
1RM Kniebeuge (kg): 75,3+/-9,5
1RM Bankdrücken (kg): 46+/-6,2
Abalakov Jump (cm): 44+/-6,2
Sprint 40-Yard (s): 5.97+/-0.26
Pro Agility Test (s): 4,99+/-0,23

Frauen NCAA Division 3:

1RM Kniebeuge (kg): 71.9+/-6.1
1RM Bankdrücken (kg): 43.9+/-6.1
CMJ (cm): 38.4+/-5.6
Wingate: Peak Power (W): 599+/-100; Mean Power (W): 449+/-46; Ermüdungsrate (W/s): 11.4+/-3.4
Sprint 40-Yard (s): 5.40+/-0.16
Pro Agility Test (s): 4.92+/-0.22

Männer NCAA Division 1:

Körperfett (%): 10,9+/-2,3
VO2max (ml/kgmin): 55+/-4
1RM Kniebeuge (kg):122.73+/-25.26
1RM Bankdrücken (kg): 103.79+/-19.6
Abalakov Jump (cm): 68.53+/-6.64
Sprint 20-Yard (s): 2.71+/-0.1
Sprint 40-Yard (s): 4.84+/-0.17
Pro Agility Test (s):4.38+/-0.2

Abschließende Gedanken

Die Anforderungen der physischen Leistungsparameter an Lacrossespieler sind enorm hoch. Es werden lange Distanzen zurückgelegt, etliche Sprints absolviert und es finden häufige, aggressive Richtungswechsel statt. Zusätzlich verändert der Lacrosseschläger nicht nur die Biomechanik des Laufstils, sondern sorgt auch für eine zusätzliche technische Komponente des „Ballhandlings“. Aufgrund der zahlreichen Komponenten dieser Sportart ist es umso wichtiger, Einsicht und Informationen in den Kategorien: Ausdauer-, Kraftfähigkeit und neuronale Effizienz zu gewinnen. Auf Basis der vorgestellten normativen Daten und genauerer Analyse einzelner Testungen kann ein Stärken-Schwächen-Profil erstellt werden, welches anschließend in einem Trainingsplan in Form von bestimmten Übungen, Drills und/oder Ausdauerinterventionen berücksichtigt werden sollte.

Dabei darf natürlich niemals die eigentliche Spielleistung vergessen werden. Die Verbesserung einer Komponente ist nur zielführend, wenn diese auch mit einer besseren Performance im Spielgeschehen einhergeht. Gerade im Lacrosse kann durch einen besseren Umgang mit dem Lacrosseschläger (Passgenauigkeit, Koordination, Präzision) eine bessere Spielleistung unabhängig physischer Verbesserungen stattfinden.

Nichts desto trotz, und das zeigt auch Sell et al. (2018), dass Athleten mit höherer Geschwindigkeit, Rate der Kraftentwicklung, Power, und Agilität eher Starter sind, als jene mit weniger hohen physischen Parametern.

Du und dein Team möchtet wissen wo ihr steht? Kontaktiere uns!

Du hast weitere Fragen oder interessierst dich für eine Leistungsdiagnostik um dein Training zu optimieren? Dann melde dich bei uns. Wir helfen dir gerne weiter.

Quellen

Anderson T, Wasserman EB, Shultz SJ. Anterior cruciate ligament injury risk by season period and competition segment: An analysis of national collegiate athletic association injury surveillance data. J Athl Train 54: 787–795, 2019.

Emma C, MK and Shawn R. Simonson, Comprehensive Needs Analysis for Women’s Collegiate Lacrosse. Strength Conditioning Journal, Vol 44/2. 2022

Enemark-Miller EA, Seegmiller JG, Rana SR. Physiological profile of women’s lacrosse players. J Strength Cond Res 23: 39–43, 2009

Foss KD, Cara EL, McCambridge T, et al. Epidemiology of injuries in women’s lacrosse: Implications for sport-, level-, and sex-specific injury prevention strategies. Clin J Sport Med 28: 406– 413, 2018.

Pistilli EE, Ginther G, Larsen J. Sportspecific strength-training exercises for the sport of lacrosse. Strength Cond J 30: 31– 38, 2008.

Plisk SS, Stenersen SB. Sports performance series: The lacrosse face-off. Natl Strength Cond Assoc J 14: 77–91, 1992.

Sell M, Comparison of physical fitness parameters for starters vs. nonstarters in an NCAA division I Men’s Lacrosse Team. Journal of Strength and Conditioning Research 32-11, 2018.

Steinhagen MR, Meyers MC, Erickson HH, Noble L, Richardson MT. Physiological profileof college club-sport lacrosse athletes. J Strength Cond Res 12: 226–231, 1998.

Vescovi JD, Brown TD, Murray TM. Descriptive characteristics of NCAADivision I women lacrosse players. J Sci Med Sport 10: 334–340, 2007.